Bei diesem Text handelt es sich um einen gekürzten Auszug aus dem Buch “Aurich – von C.B. Meyer bis auf unsere Tage. Erstes Buch.” von Gramberg, Kalli (1992), Stadt Aurich, Druckerei Soltau-Kurier-Norden. S. 9.
Im „Siebenjährigen Krieg” (1756 bis 1763), den König FRIEDRICH II. in Sachsen, Böhmen und Schlesien führt, sind seine westlichen Provinzen ohne Schutz, was die Österreicher, aber vor allem die Franzosen zum Vorrücken bis nach Ostfriesland veranlaßt, um preußisches Eigentum in Besitz zu nehmen und Kriegskontributionen, das heißt Gelder, einzutreiben.
Das geschieht zunächst 1757; aber vergleichsweise harmlos zum Einfall einer etwa 1000 Mann starken Freischar im September/Oktober 1761 unter der Anleitung eines Marquis de CONFLANS, die ähnlich den Söldnerscharen des „Dreißigjährigen Krieges” beginnt, Ostfriesland zu „brandschatzen”. Es wird geraubt, gemordet, vergewaltigt und geplündert, bis sich besonders die drangsalierten Bauern zu wilden Haufen zusammenrotten und sich höchstblutig zur Wehr setzen, was wiederum Plündern und Morden nach sich zieht.
Während CONFLANS mit dem Gros seiner Truppe in Emden einzieht und sich Quartiere nach Belieben aussucht, erscheint am 23. September eine Abteilung von 50 Husaren in Aurich und fordert 200 000 Taler – sonst Plünderung und Brandfackel! Eine wilde Soldateska beraubt die überraschten Bürger auf offener Straße, dringt in die Häuser und holt sich Wertsachen aus erbrochenen Kisten und Schränken. Die geforderte Kontribution kann nicht aufgebracht werden, und weil sich die Holtroper zum Widerstand zusammenschließen und eine Husarenschwadron blutig vertreibt, befürchten die Auricher Schlimmeres.
Am 25. erscheint CONFLANS persönlich. Er schickt seine Reiter in Richtung Schirum, wo diese bei Gefechten mit den Bauern zehn Mann verlieren und sich teils verwundet in die Stadt zurückziehen müssen. Der Marquis, in betrunkenem Zustand, will „jeden klagenden Bürger von seiner Treppe herunterschießen”. Er brüllt aus dem Fenster: „Husaren – plündert, brennt!” Aber der Befehl wird nicht ausgeführt. Von Emden kommt am nächsten Tag Verstärkung. Der Amtmann STÜRENBURG muß nach Schirum hinausreiten, um die Bauern zu besänftigen und ihnen, bei ruhigem Verhalten, Amnestie versprechen – vergeblich. CONFLANS zieht sich nach Emden zurück. In einem Verteidigungs-Karree verharrt seine Räuberbande auf dem übersichtlichen Auricher Marktplatz bis zum nächsten Morgen.
Dann nehmen die Franzosen den Regierungspräsidenten von DERSCHAU und Amtmann STÜRENBURG als Geisel und ziehen raubend und mordend ihrem Anführer in Richtung Emden hinterher. – Zwei harmlose Wanderer werden erschlagen, der Ort Haxtum bis auf zwei Häuser eingeäschert, bei Rahe eine 76jährige Frau durch Kolbenstöße getötet, in Barstede der Prediger* zur Herausgabe der Kirchengeräte schwer mißhandelt, in Bangstede ein Mann erschossen, Ochtelbur und Riepe ausgeplündert, daselbst ein 80jähriger Greis „niedergesäbelt” und eine Frau mit dem Bajonett erstochen.
Der ganze schlimme Spuk dauert vom 22. September bis zum 7. Oktober, dann ziehen sich die Franzosen aus Ostfriesland zurück, wobei der mutige Einsatz unseres Regierungspräsidenten von DERSCHAU bei seinen Vermittlungen erwähnt werden muß. Es gelingt ihm, die Kontributionen wesentlich herunterzuhandeln. Dennoch wird viel ostfriesisches Eigentum in endlosem Transport südwärts entführt – darunter 694 Pferde und 356 Stück Rindvieh. Noch nach 100 Jahren nennt man einen bösen Hofhund: „Cunflanser”!
*Anmerkung von Jens Kettwig: Pastor Christian Daniel Kettwig, Pastor in Barstede 1755-1763.